In einem ziemlich geräumigen, vor Kurzem frisch getünchten Zimmer eines herrschaftlichen Nebengebäudes im Dorfe Ssassowo, das im . . . schen Kreise des T. . . schen Gouvernements liegt, saß an einem alten krummgeworfenen Tischchen auf einem hölzernen schmalen Stuhle ein junger Mann im Paletot und war augenscheinlich mit dem Durchsehen von Rechnungen beschäftigt. Zwei Stearinkerzen in silberplattirten Reiseleuchtern brannten vor ihm; in einer Ecke stand auf einer Bank ein offener Flaschenkeller, in einer anderen schlug ein Diener ein eisernes Feldbett auf. Hinter einem niedrigen Verschlage summte und zischte ein Samowar, auf eben hereingebrachtem Heu raschelte ein Hund. In der Thür stand ein Bauer in neuem Wamse, mit einem rothen Gurte um den Leib, großem Barte und klugem Gesichte, allen Anzeichen nach der Dorfälteste; sein Blick war aufmerksam auf den sitzenden jungen Mann gerichtet. An einer der Wände stand ein sehr altes und kleines Klavier neben einer ebenso alten Commodes an deren Schlüssellöchern die Schilder fehlten. Zwischen den Fenstern war ein kleiner blinder Spiegel angebracht. An dem Verschlage hing ein altes, fast ganz abgeblättertes Portrait einer gepuderten Dame im Reifrocke mit einem schwarzen Bändchen um den seinen Hals. Der auffallenden Krümmung der Decke und der Senkung des spaltenreichen Fußbodens nach zu schließen, hatte das kleine Nebengebäude, in welches wir den Leser geführt, ein hübsches Alter; es war Niemandes beständiger Wohnsitz und diente nur der Gutsherrschaft als Absteigequartier. Der junge Mann, der am Tische saß, war nun eben der Besitzer des Ssassow’schen Dorfes. Erst am vergangenen Abende war er von seinem Hauptgute, das hundert Werst weiter lag, angekommen und beabsichtigte schon am folgenden Tage, nach Beendigung der Wirthschaftsangelegenheiten und nachdem er die Anliegen der Bauern angehört und alle Papiere in Ordnung gebracht haben würde, wieder abzureisen.
– Nun, genug damit, sagte er, sich aufrichtend – ich bin schon müde. Du kannst jetzt gehen, setzte er, zum Aeltesten gewendet, hinzu – morgen aber komm früher her und mache bei Zeiten den Bauern die Anzeige, sich zu versammeln, hörst Du?
– Zu Befehl!
– Und dem Gemeindeschreiber bedeute, er solle mir den verflossenen Monatsbericht einreichen. Du hast ganz gut gethan, setzte der Gutsherr, sich umschauend, hinzu die Wände weißen zu lassen. Es sieht doch reinlicher aus.
Der Dorfälteste ließ schweigend den Blick über die Wände gleiten.
– Nun, jetzt kannst du gehen.
Der Aelteste verneigte sich und ging. Der Gutsherr streckte die Glieder.
– He! rief er – gebt mir Thee . . . Es ist Zeit zu Bett zu gehen.
Der Diener begab sich hinter den Verschlag und kehrte bald mit einem Glase Thee, einem Bündel kleiner städtischer Kringel und einem Kännchen mit Sahne auf einem Theebrette von Eisenblech, zurück. Der Gutsherr begann seinen Thee zu trinken hatte jedoch kaum zwei Schlucke davon genommen, als im Nebenzimmer Tritte hereintretender Personen sich hören ließen und Jemand mit kreischender Stimme fragte:
– Ist Wladimir Sergeïtsch Astachow zu Hause und kann man ihn sprechen?